Die akademische Gemeinschaft trauert um den emeritierten Professor Norbert Cyffer, der für seine umfangreichen Forschungen zu afrikanischen Sprachen, insbesondere Kanuri, bekannt ist.
Kanuri wird von etwa zehn Millionen Menschen in Nigeria, Kamerun, Niger und Tschad gesprochen. Dennoch war die Sprache von den Sprachwissenschaftlern lange Zeit nicht tiefergehend erforscht worden.
Cyffers Beiträge bereicherten nicht nur die linguistische Forschung, sondern warfen auch wichtige Fragen zur Zukunft der afrikanischen Sprachstudien in Europa auf.
Afrikanische Sprachen: Ein vernachlässigtes Forschungsfeld?
Als er zum ersten Mal auf Kanuri stieß, war der Deutsch-Österreicher Cyffer verwundert, dass einer so weit verbreiteten Sprache bisher kaum wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteil geworden war.
In einem 2015 gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern erstellten Bericht mit dem Titel "In the Name of Grammar" wies Cyffer darauf hin, dass Kanuri trotz einer mit dem Finnischen vergleichbaren Sprecherzahl "in der akademischen Forschung vernachlässigt bleibt".
Er entschloss sich, dies zu ändern. Daraufhin verbrachte er mehr als vier Jahrzehnte mit dem Studium der Grammatik, der Sprachdokumentation und der Rolle von Kanuri als Zweitsprache.
Seit den späten 1960er Jahren widmete sich Cyffer den Kanuri sprechenden Gemeinschaften. Er verbrachte viel Zeit mit ihnen und zeichnete ihre Sprache und Musik auf, als nur wenige Wissenschaftler in diese Regionen vordrangen. Seine Aufnahmen beleuchteten auch die kulturelle Vielfalt in der nigerianischen Grenzregion zu Niger und Tschad.
Cyffers Bemühungen trugen zur Entwicklung des Kanuri-Wörterbuchs bei - eine Errungenschaft, die seine Rolle bei der Förderung der Sichtbarkeit der Sprache festigte.
Tukur Abba, Dozent für Linguistik an der Bayero-Universität in Kano und ehemaliger Student von Cyffer, erinnerte sich in seinem Rückblick auf Cyffers Beitrag zur Forschung an einen entscheidenden Moment.
Während Cyffers Zeit in Nigeria spielte er eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der ersten Standard-Kanuri-Orthographie (SKO), einem weit verbreiteten Rechtschreibsystem, das nach wie vor als linguistischer Maßstab gilt. Davor gab es keine Standardorthografie für Kanuri.
Überbrückung der Kluft zwischen afrikanischer und europäischer Linguistik
Über seine Forschung hinaus wurde Cyffer weithin als Mentor und Schlüsselfigur bei der Förderung der weltweiten Zusammenarbeit in der Wissenschaft angesehen. Nach Ansicht von Wissenschaftlern wie Abba hat er die Karrieren vieler aufstrebender afrikanischer Linguisten entscheidend geprägt und die akademischen Beziehungen zwischen Afrika und Europa gestärkt.
"Norbert Cyffer war eine Brücke. Er war der Grund dafür, dass Kanuri in der europäischen Sprachwissenschaft bekannt wurde", sagt Abba.
Sein Einfluss reichte über Afrika hinaus und inspirierte die Forschung in ganz Europa, Kanuri und andere afrikanische Sprachen zu studieren.
"Heute sind seine Studenten über ganz Europa verteilt", so Abba. "Und wir in Afrika unterhalten enge Beziehungen zu ihnen, um die Kontinuität seiner Arbeit zu gewährleisten".
Cyffers Veröffentlichungen, darunter "A Sketch of Kanuri" und "The Kanuri Language: A Reference Grammar", bleiben grundlegende Texte auf dem Gebiet der Kanuri-Studien.
Was liegt vor uns?
Cyffers Tod ist ein großer Verlust, aber er wird nicht das Ende der Kanuri-Sprachstudien, da ist sich Abba sicher: "Sein Abschied markiert einen Neuanfang", argumentiert er und betont die Verantwortung der globalen Sprachgemeinschaft, seine Arbeit fortzuführen.
Die Herausforderung bestehe nun darin, das Erbe seines Studiums der afrikanischen Sprachen sicherzustellen und zu gewährleisten, dass es eine akademische Priorität bleibt.
Cyffers Beiträge haben den Weg dafür geebnet. Und sie haben auch zukünftige Wissenschaftler in und außerhalb von Afrika in die Lage versetzt, dieses Wissen zu erhalten und zu erweitern und so die Brücke zwischen den Kontinenten intakt zu halten.
Adaptiert aus dem Englischen von Martina Schwikowski