Ende 2024 wurden im Abwasser mehrerer deutscher Städte Polioviren gefunden. Poliomyelitis ist eine Krankheit, die heute eigentlich keine Gefahr mehr darstellen müsste. Doch in Deutschland sind nur noch 77 Prozent der Zweijährigen vollständig dagegen geimpft. Mit Polio angesteckt hat sich bisher niemand. Für Gesundheitsbehörden und Arztpraxen war der Fund im Abwasser trotzdem ein wichtiger Hinweis. Sie empfahlen Eltern noch einmal, ihre Kinder gegen die gefährliche Kinderlähmung impfen zu lassen.
Seit fast 100 Jahren untersucht man das Abwasser auf Krankheitserreger, sagt Abwasserexpertin Aparna Keshaviah. So lässt sich praktisch jede Infektionskrankheit überwachen: Man erkennt, welcher Erreger gerade wo vorkommt und wie stark er sich vermehrt. Genaue Zahlen liefert die Untersuchung allerdings nicht: „Das Ziel der Abwasserüberwachung besteht nicht darin, genau zu bestimmen, wer infiziert ist“, so Keshaviah. Sie ist aber „ein wirksamer Ansatz, um die Gesundheit einer Bevölkerung als Ganzes zu beurteilen.“
Wichtig wird das sogenannte Abwassermonitoring vor allem bei neuen und gefährlichen Krankheiten. So hat man die Methode während der Pandemie eingesetzt, um die Verbreitung oder neue Varianten des Virus zu untersuchen. Ein anderes Beispiel ist das hochansteckende Vogelgrippe-Virus H5N1. Bisher haben nur Tiere die Krankheit. Doch viele machen sich Sorgen, dass sich irgendwann auch Menschen anstecken könnten. Das würde sich im Abwasser zeigen.
Auch in Zukunft sollen die Abwasseruntersuchungen als Frühwarnsystem dienen und dabei helfen, besser auf mögliche neue Pandemien reagieren zu können. Denn sie können Krankheitserreger entdecken, bevor überhaupt Symptome in der Bevölkerung sichtbar sind – und sind günstiger als individuelle Tests. Dass ein solches System nützlich ist, hat nun auch die Politik erkannt: In der Europäischen Union wird das Abwassermonitoring ab 2027 Pflicht.
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